„Ich habe viel um die Ohren und bin total im Stress!“ Wer hat das nicht schon mal gesagt. Stress zu haben, ist weit verbreitet und gehört vor allem im beruflichen Kontext schon fast zum guten Ton. Wer nicht ständig mit irgendetwas beschäftigt ist, wird schnell als faul abgestempelt. So sind übervolle Terminkalender bei zahlreichen Menschen keine Seltenheit, sondern Alltag. Im Job jagt eine Aufgabe die nächste, dazu kommen noch private Verpflichtungen. Abends ist der Akku leer, aber zum Auftanken fehlt die Zeit. Am nächsten Tag geht dann das gleiche Spiel von vorne los.
Viele stecken in diesem Teufelskreis fest, ohne ihn als solchen zu erkennen. Doch dauerhafter Stress bleibt nicht ohne Konsequenzen. Wer die Anzeichen nicht wahrnimmt oder diese ignoriert, setzt seine Gesundheit aufs Spiel.
Was ist Stress?
Jeder von uns kennt und nutzt den Begriff, aber seine eigentliche Bedeutung ist vielen unklar. Stress ist eine angeborene Reaktion unseres Körpers. Sie befähigt uns, mit einer großen psychischen oder körperlichen Belastung umgehen zu können. Dabei wird der Körper in eine Art Alarmbereitschaft versetzt, um ihn auf Flucht, Kampf oder Abwehr vorzubereiten. So weiten sich unter Stress die Pupillen und die Muskeln spannen sich an. Der Atem beschleunigt sich und das Gehirn wird stärker mit Sauerstoff versorgt.
In früheren Zeiten gab es tatsächlich zahlreiche Situationen, die eine Bedrohung für das Leben dargestellt haben, zum Beispiel Hungersnöte, Kriege oder körperliche Schwerstarbeit. All das erfordert eine Anpassung unseres Körpers, um solche Herausforderungen bewältigen zu können.
Heutzutage haben sich die Auslöser für Stress verschoben. Leistungsdruck, Zeitmangel, Mobbing, Multitasking, Schulden oder Zukunftsängste sind ein paar der Faktoren, mit denen viele Menschen tagtäglich zu kämpfen haben. Zwar geht es bei diesen Dingen nicht mehr um körperliche Bedrohungen, doch die Stressreaktionen sind noch immer die gleichen. Ihr Ziel im biologischen Sinne ist es also, unser Überleben zu sichern.
Wie entsteht Stress?
Stress entsteht durch Belastungen, die von innen und/oder außen auf uns einwirken können. Bezeichnet werden solche Stressauslöser auch als Stressfaktoren oder Stressoren.
Unterschieden wird meist in diese Kategorien von Stressoren:
- Äußere Stressauslöser
Das sind solche, auf die wir geringen oder keinen Einfluss haben, zum Beispiel Lärm, Hitze, Kälte, Verkehrsstau, Großraumbüros, Verspätungen. - Innere Stressauslöser
Diese hängen mit dem eigenen Verhalten und Denken zusammen. Angst vor Fehlern, Versagensängste, Perfektionismus, nicht Nein sagen zu können oder übersteigerte Erwartungen an sich selbst sind ein paar der möglichen inneren Stressoren. - Psychisch-Mentale Stressauslöser
Damit sind Faktoren gemeint, die von einer Person als psychische Belastung empfunden werden wie Konkurrenzkampf, berufliche Unter- oder Überforderung, hoher Zeitdruck oder ungenaue Vorgaben durch den Vorgesetzten. - Soziale Stressauslöser
Bei diesen Stressoren handelt es sich um psychosoziale Belastungen wie ein schlechtes Betriebsklima, Mobbing, Ärger im Wohnumfeld und andere soziale Konflikte.
Ein Stressfaktor kommt bei den meisten Menschen selten alleine. Oftmals sind es direkt mehrere, die über einen längeren Zeitraum bestehen und zu einer dauerhaften Belastung führen. Neben der Angst um den Job kommen noch Geldsorgen, Eheprobleme oder Streit mit den Nachbarn hinzu.
Nun gibt es ein paar Stressoren, die für fast jeden Menschen gleich schwerwiegend sind wie der Tod einer nahestehenden Person, eine plötzliche schlimme Erkrankung, ein Unfall oder eine Scheidung.
Bei vielen anderen Stressauslösern spielen in das persönliche Stressempfinden die eigene Bewertung einer Situation hinein, aber auch die individuellen Möglichkeiten, diese zu bewältigen. Die eine Person könnte bei einem Stau glatt aus der Haut fahren und fühlt sich regelrecht bestraft. Die andere sieht die gewonnene Zeit als Geschenk und nutzt sie, um in Ruhe Radio zu hören.
Positiver Stress und negativer Stress
Häufig ist im Zusammenhang mit Stress von Eustress und Disstress zu lesen. Zurückzuführen sind beide Begriffe auf den Mediziner und Hormonforscher Hans Selye. Die Vorsilben „eu“ und „dis“ stammen aus dem Griechischen und bedeuten „gut“ bzw. „schlecht“. Eustress steht somit für positiven, Disstress für negativen Stress.
Eustress kann mit einem Auftritt oder einem Wettkampf verbunden sein, auf den man sich freut. Diese Form von Stress wird mit Tätigkeiten in Verbindungen gebracht, die Freude machen.
Disstress wird beispielsweise durch Überforderung, Zeitdruck, berufliche oder private Probleme hervorgerufen.
Nun könnte man denken, dass regelmäßige 14 Stunden Tage auf der Arbeit kein Problem darstellen sollten, solange die Tätigkeit Spaß macht. Eustress ist schließlich etwas Positives und spornt zu Höchstleistungen an! Das stimmt, allerdings nur bedingt.
Sowohl bei Eustress als auch bei Disstress schüttet der Körper dieselben Stresshormone aus, um ihn handlungsfähig zu machen. Wodurch diese Reaktion ausgelöst wird, spielt für ihn keine Rolle. Wird ihm anschließend keine ausreichende Möglichkeit geboten, sich zu regenerieren, sind die Folgen die gleichen. Somit kann auch vermeintlich positiver Stress auf Dauer die Gesundheit schädigen.
Die Auswirkungen von Stress
Mit kurzfristigem Stress kann unser Körper gut umgehen. Anders sieht es aus, wenn große Belastungen über einen langen Zeitraum anhalten. Die Folgen von chronischem Stress lassen sich in einem knappen Satz zusammenfassen: er macht krank!
Der Körper steht unter einer ständigen Anspannung und schüttet fortlaufend Stresshormone wie Adrenalin und Cortisol aus. Sie bewirken, dass der Blutdruck steigt, sich die Atmung beschleunigt, die Muskeln besser durchblutet werden und sich ihre Spannung erhöht.
Fällt im Anschluss auf eine belastende Situation ein entsprechender Ausgleich in Form von Erholung weg, hinterlässt das Spuren. Dies ist vergleichbar mit einem Auto, das ohne Pausen auf Hochtouren läuft. Für jeden ist nachvollziehbar, dass dies nur für eine sehr begrenzte Zeit funktionieren kann. Irgendwann ist der Tank leer und die hohe Belastung führt zu einem entsprechenden Verschleiß.
Die Folgen von chronischem Stress
Bei uns Menschen verhält es sich ähnlich. Auch unser Energiehaushalt wird durch eine dauerhafte Belastung geschwächt und es kommt zu Verschleißerscheinungen bzw. körperlichen Stressauswirkungen.
- Die Stresshormone beeinflussen den Stoffwechsel und können zu erhöhten Cholesterin- und Blutzuckerwerten führen.
- Der dauerhaft hohe Cortisolspiegel schwächt das Immunsystem.
Dadurch steigt die Anfälligkeit für Erkältungen und andere Infektionserkrankungen. - Ebenfalls in Mitleidenschaft gezogen wird der Magen-Darm Trakt.
Es kann zu Verdauungsproblemen wie Durchfall und Verstopfungen kommen. - Chronischer Stress kann Gehirnzellen schädigen und Konzentrationsprobleme zur Folge haben.
- Das Risiko für einen Herzinfarkt oder Schlaganfall steigt stark an.
Darüber hinaus kann es durch chronischen Stress zu Essstörungen, diversen Ängsten sexueller Unlust, Suchtproblemen, Depressionen und letztendlich sogar zum Burnout kommen.
Diese Symptome sind Anzeichen für Stress
Viele der folgenden Symptome werden oft nicht mit Stress als Auslöser in Verbindung gebracht und nur oberflächlich behandelt, anstatt ihre Ursache herauszufinden.
Stresssymptome sind unter anderem diese hier:
- Verspannungen und Schmerzen im Nacken oder Rücken
- Zähneknirschen
- Kopfschmerzen
- häufig Durchfall oder Verstopfungen
- Magenschmerzen oder Sodbrennen
- Ein hoher Blutdruck
- Zyklusstörungen
- Schwindel
- Schlafstörungen
- Hautreaktionen
- Atembeschwerden
- dauerhafte Müdigkeit
Stresssymptome sollten als Warnzeichen ernst genommen werden. Auch hier ist der Vergleich mit einem Auto hilfreich: die blinkende Kontrolllampe für das Öl zuzukleben, behebt nicht das eigentliche Problem. Das Gleiche gilt für die Warnsignale unseres Körpers.
Ein einfacher Stresstest
„Bist du gestresst?“ Viele Betroffene würden auf diese Frage unter Umständen antworten, dass ihre Situation gar nicht so schlimm bzw. alles normal ist. Geht man jedoch ein wenig ins Detail, eröffnet sich ein anderes Bild.
Die folgenden Fragen können dabei helfen, eine Einschätzung über das eigene Stressniveau zu bekommen.
- Ich schlafe schlecht und fühle mich morgens schlapp.
- Ich habe keine Zeit für Sport oder einen anderen körperlichen Ausgleich.
- Ich kann in meiner Freizeit schlecht abschalten und denke oft an meine Aufgaben.
- Ich habe niemanden, mit dem ich über meine Ängste und Sorgen sprechen kann.
- Am besten kann ich mit einem Glas Bier oder Wein abschalten.
- Ich frage mich oft, wie ich das alles schaffen soll und fühle mich überfordert.
- Meine Freunde und Familie kommen zu kurz.
- Mir fällt es schwer, mich zu konzentrieren und mir Dinge zu merken.
- Ich habe nichts, worauf ich mich in meiner Freizeit freuen kann.
- Auf der Arbeit ist das Klima angespannt und es herrscht Unzufriedenheit.
- Ich habe vermehrt körperliche Beschwerden, die trotz Behandlung beim Arzt weiterbestehen (zum Beispiel Verspannungen, Kopfschmerzen, Magen-Darm Probleme, Schwindel)
- Ich bin antriebslos und habe keine Energie.
- Mir gehen viele negative Gedanken durch den Kopf.
Je mehr Fragen du mit Ja beantwortest, umso höher ist vermutlich deine Stressbelastung.
Wie lässt sich Stress bewältigen
Um Stress zu bewältigen, kommt es vor allem auf eines an: ihn ernstzunehmen. Auch wenn in unserer Gesellschaft an allen Ecken und Enden von Stress die Rede ist, wird er dadurch nicht gesünder. Somit ist der erste Schritt zu einer erfolgreichen Stressbewältigung, sich dem Thema zu stellen. Auf der einen Seite geht es darum herauszufinden, welche Stressfaktoren sich beeinflussen und reduzieren lassen. Auf der anderen ist es notwendig, die mit Stress verbundene Anspannung abzubauen und sich zu Erholungsphasen zuzugestehen.
Stress gänzlich zu aus dem Weg zu gehen, ist kaum möglich. Er gehört zum Leben jedes Menschen dazu. Es kann also kein realistisches Ziel sein, ihn komplett zu vermeiden. Nimmt er allerdings Überhand, leidet die gesamte Lebensqualität darunter. Um leistungsfähig und gesund zu bleiben, kommt es auf einen bewussten Umgang mit ihm an. Es heißt, Selbstverantwortung zu übernehmen und ein Gleichgewicht zwischen Belastung und Regeneration zu finden.
Auch eine positive Einstellung zum Leben trägt zur Stressbewältigung bei. In belastenden Zeiten kann es schwer sein, sich nicht in negativen Gedanken und Grübeleien zu verlieren. Doch genau diese heizen den Stress zusätzlich an. So hilft zum Beispiel Achtsamkeitstraining dabei, solche Gedanken bewusst wahrzunehmen. Dies ist der erste Schritt, um sie zu stoppen oder durch förderliche zu ersetzen.
Das Gleiche gilt für Stressauslöser, die sich der eigenen Einflussnahme entziehen. Schlechtes Wetter, Verspätungen, Verzögerungen und viele weitere Dinge lassen sich nicht verändern, die eigene Perspektive darauf aber schon. Anstatt sich dagegen aufzulehnen, ist es gesünder, umzudenken und das Beste daraus zu machen. Meditation ist eine gute Methode, die eigene Gefühls- und Gedankenwelt besser zu kennenzulernen und die Selbstwahrnehmung zu schärfen.
Methoden zur Stressbewältigung
Gut ist es, verschiedene Dinge auszuprobieren und zu kombinieren. Die folgenden Möglichkeiten sind nur ein Bruchteil dessen, was bei der Bewältigung von Stress helfen kann.
- Entspannungstechniken
Zu den bekanntesten Methoden gehören das Autogene Training sowie die Progressive Muskelentspannung. - Bewegung
Ein sehr guter Weg, um Stresshormone abzubauen, ist Sport. Wichtig ist es dabei jedoch, mit Spaß an die Sache heranzugehen und nicht in eine weitere Perfektionismusfalle zu tappen. - Gespräche
Ob mit Freunden, dem Partner oder außenstehenden Personen: über seine Probleme zu sprechen und sich zu öffnen, kann erleichternd sein. Einerseits gewinnst du dadurch unter Umständen Impulse oder eine andere Sichtweise, andererseits fühlst du dich mit deinen Sorgen nicht mehr so alleine. - Bewusste Auszeiten
Jederzeit erreichbar zu sein, ist inzwischen vollkommen normal geworden. Frage dich, ob dies wirklich notwendig ist und schalte dein Handy in deiner Freizeit häufiger mal komplett aus. - Termine streichen
Zeitdruck und zu viele Termine sind weit verbreitete Stressfaktoren. Überprüfe, welche wirklich notwendig sind und welche sich streichen lassen. Achte außerdem darauf, zwischen Terminen ausreichend Zeit zu lassen, um Raum für Pausen, aber auch für Unvorhergesehenes zu haben.
Besteht der Stress schon seit längerem, sollten außerdem die Ursachen dafür ergründet werden. Ist es ein zu hohes Arbeitsaufkommen? Liegt es an privaten Problemen? An den hohen Erwartungen an sich selbst? Ist es eine Kombination aus verschiedenen Faktoren?
Hilfreich ist es, alle Stressauslöser zu notieren, um einen Überblick über die Situation zu gewinnen. Welche lassen sich beeinflussen? Welche nicht? Und bei welchen lässt sich die Sicht auf die Dinge verändern, damit sie weniger stressen? Es sind nicht immer die großen Räder, an denen gedreht werden muss. Oftmals reichen schon kleine Veränderung, um besser mit Stress umgehen zu können.
Stress abbauen lernen
Stress sollte nicht auf die leichte Schulter genommen werden. Kurzfristig kann unser Körper zwar gut mit seinen Auswirkungen umgehen, aber langfristig braucht er ausreichende Erholungsphasen. Ihm diese nicht zu gönnen, ist Raubbau an der eigenen Gesundheit.
Wer bereits an Stresssymptomen leidet, sollte sich gezielt mit den Ursachen auseinandersetzen. Dabei ist eine ehrliche Selbstreflektion hilfreich, um negative Denk- und Verhaltensmuster zu erkennen. Auch das Gespräch mit anderen kann dazu beitragen, die genauen Auslöser für Stress aufzudecken und Lösungen zu finden. Um Stress zu bewältigen, sind keine aufwendigen oder kostspieligen Aktivitäten notwendig. In vielen Fällen ist es bereits ein wichtiger Schritt, die eigene Sichtweise zu verändern, um seine innere Ruhe zu stärken.